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Prosa Archiv
Stille
Ich befinde mich mitten in den Vorbereitungen für die Silvesterfeier. Das Einkaufscenter ist nicht weit. Habe ich den Zettel
eingesteckt, alles aufgeschrieben? Ich halte inne, bleibe stehen. Betrachte die verschneiten Bäume, Wiesen und Häuser. Ich
atme tief ein. Die Luft ist klar, die Kälte brennt ein wenig in meinem Gesicht. Ich lächle in mich hinein.
Die Schneekönigin fällt mir ein. Ich sehe mich Schneebälle werfen, mit meinen Brüdern toben. Fühle mich in eine Märchenwelt
versetzt.
Dann gehe ich weiter und lasse mich von dem Strom der Menschen einfangen.
Sarah Sendler
Die Lokalredaktion Dessau der Mitteldeutschen Zeitung hat vom 1. bis 24. Dezember 2012 ein Weihnachtsmärchen mit lokalem Bezug in
Fortsetzungen veröffentlicht.
Autoren der jeweiligen Tagesgeschichten waren u.a. zwei Mitglieder der Dessauer Autorengemeinschaft "Wilhelm Müller."
Ein Weihnachtsmärchen (Teil 16)
Von Doris Berth
König Theo hatte die Alte verstanden. Es war nicht wichtig, was e r sich wünschte, sondern was er sich für sein Reich und
seine Bürger wünschte. Und keine Fee wird Wünsche erfüllen, sondern nur mühevolle, gemeinsame Arbeit. Er brauchte
Mitstreiter und dachte an seine Minister und Höflinge. Deshalb lenkte er seine Schritte in Richtung Schloss. Wie vermutet fand er
seine Höflinge in den Katakomben. Oh, waren das traurige Gestalten! Sie saßen in zerlumpten Mänteln auf Weinfässern oder
lagen auf dem Boden. Niemand nahm ihn wahr, als er das Gewölbe betrat. .....weiterlesen
Angstminuten
von Doris Berth
Über 40 Jahre ist es her, seit ich das letzte Mal auf diesen Waldpfad entlang gegangen war, obwohl ich zwischendurch oft in meiner
Heimatstadt weilte. Auch an diesem sonnigen Herbsttag beschlossen mein Mann und ich, dort hinzufahren, um alte Erinnerungen
aufzufrischen.
Es zog mich in das Auenwäldchen, das sich unweit der Straße am toten Saalearm befand. Dort sind wir als Kinder auf Bäume geklettert.
Später, als junges Mädchen, bin ich hier oft spazieren gegangen, wenn ich allein sein wollte und von der Zukunft träumte. Ich kannte jeden
Pfad, der sich abseits vom Hauptweg schlängelte und hatte keine Angst in der Einsamkeit, bis zu jenem Tag, an dem etwas Merkwürdiges
passierte. Ich hatte all die Jahre das Erlebnis verdrängt, es niemandem erzählt.
Nun führte ich meinen Mann zu meinem damaligen Lieblingsweg, und alles war wieder gegenwärtig.
Ich war 17 und hatte Liebeskummer. Immer wieder zog es mich zu der Stelle, wo er mich das erste mal geküsst hatte, so auch an
diesem trüben Herbsttag. Ich hing meinen schwermütigen Gedanken nach. Plötzlich spürte ich, ... weiterlesen
Eine wissenschaftliche Entdeckung
Leserbrief an die Zeitschrift "Deine Gesundheit"
Sehr geehrte Redaktion!
Dass schwangere Frauen oft Appetit auf die seltsamsten Speisen haben, ist mir bekannt. Dass sie aber ebenso ein
ungestümes Verlangen nach ausgefallenen Gerüchen haben wie meine Frau, das ist mir neu, um nicht zu sagen
unverständlich.
Wer meine Frau kennt, der weiß, dass sie oft seltsame Anwandlungen hat, Einfälle, die einmalig sind und andere, die
Reinfälle sind. Nun, ich habe mich daran gewöhnt. Seit drei Monaten muss ich mich an zwei weitere Dinge gewöhnen:
Erstens, dass ich Vater werde und zweitens an den genannten Geruchsappetit meiner Frau.
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